Jevgeniy Bluwstein ist seit 2023 als Ambizione Research Fellow am Institut für Sozialanthropologie tätig. Er leitet das vom Schweizerischen Nationalfonds geförderte vierjährige Projekt zur Verrechtlichung der Klimapolitik durch Klimaaktivismus und Klimaprozesse in der Schweiz. Basierend auf Erkenntnissen aus der Rechtsanthropologie und der politischen Ökologie sowie gestützt auf empirische und ethnografische Forschung untersucht dieses Projekt i) wie die Schweizer Klimapolitik zunehmend durch Gerichtsverfahren verrechtlicht wird, ii) welche Rolle soziale Bewegungen, die Justiz und der Staat in diesem umkämpften und dynamischen Prozess spielen, und iii) welche Auswirkungen die Verrechtlichung der Klimapolitik auf climate governance und Bürgerrechte hat.

Vor seiner Tätigkeit an der Universität Bern war Jevgeniy Oberassistent für Humangeographie an der Universität Fribourg (2018–2022), Doktorand an der Universität Kopenhagen (2015–2018) und wissenschaftlicher Mitarbeiter (2013–2014) beim internationalen Forschungsprojekt PIMA (Auswirkungen von Tansanias Wildlife Management Areas auf menschliche Lebensgrundlagen und Ökosysteme, PI Katherine Homewood, UCL).

An der Universität Fribourg hat Jevgeniy Geographie auf BSc- und MSc-Niveau gelehrt, darunter Kurse in qualitativen Methoden, Umweltgeographie, Umweltgeschichte und politischer Ökologie.

Jevgeniy promovierte an der Universität Kopenhagen über die (bio)politische Ökologie des Naturschutzes in Tansania, wo er Land- und Ressourcenkonflikte in Schutzgebieten und Landschaftsschutzinitiativen untersuchte. Dazu hat Jevgeniy in führenden Zeitschriften publiziert, darunter Journal of Political Ecology, World Development, Journal of Agrarian Change und Geoforum.

Seine neuere Arbeit zur Klimapolitik wurde bereits im Journal of Peasant Studies and Political Geography veröffentlicht. Sein aktueller Fokus auf Klimaprozesse hat den Anspruch unser Verständnis der zeitgenössischen Klimapolitik im Zeitalter der Klimakrise zu erweitern. Parallel zur Forschung zur Klimapolitik wird Jevgeniy weiterhin zur Politik des Naturschutzes arbeiten. In diesem Rahmen wird er 2023 zusammen mit Partnern in Norwegen, Großbritannien, Indien und Tansania ein gemeinsam geleitetes Forschungsprojekt zum Thema Naturschutz und Arbeit (Conservation Labor) starten (gefördert durch den Norwegischen Forschungsrat).

Forschungsinteressen:

  • Naturschutzpolitik/Governementalität/Biopolitik
  • Klimapolitik/-prozesse/-gerechtigkeit und soziale Bewegungen
  • Politische Ökologie
  • Humangeographie
  • Rechtsanthropologie

Jevgeniy ist Mitherausgeber der Geographica Helvetica

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Juridification of climate politics in the name of climate emergency: the case of climate activism and litigation in Switzerland

Dr. Jevgeniy Bluwstein, Lucie Benoit, MSc

SNF Ambizione Grant (208679)

Projektbeschreibung (DE)

Wenn der Staat KlimaAktivistInnen vor Gericht bringt, eröffnen sich neue Möglichkeiten der politischen und öffentlichkeitswirksamen Kommunikation für die Klimabewegung. Allerdings schafft die Verrechtlichung der Klimapolitik durch zivilen Ungehorsam nicht nur neue Möglichkeitsräume, sie birgt auch Risiken mit sich: trägt ziviler Ungehorsam zur Kriminalisierung von politischem Protest bei, oder lassen sich dadurch neue Räume für politischen Protest legitimieren? Wird die bestehende Rechtsordnung und Institutionen des Rechts durch Klimaaktivismus transformiert oder werden Aktivismus und politischer Protest durch die Verrechtlichung eingehegt und depolitisiert? Wie wirken sich neue Formen des politischen Protests und Kommunikation (unteranderem in Gerichtsräumen) auf die gesellschaftlichen Debatten, Wahrnehmungen und Diskurse über den Klimawandel aus? Wie reagiert der Staat durch die Institutionen der Polizei und der Justiz auf Klimaaktivismus der auf Mittel des zivilen Ungehorsams setzt? Wie werden unterschiedliche Strategien der Verrechtlichung (z.b. strategische Klimaklagen gegen den Staat oder gegen Unternehmen, ziviler Ungehorsam) von verschiedenen gesellschaftlichen AkteurInnen (innerhalb und ausserhalb der Klimabewegung) bewertet und diskursiv umrahmt? 

Basierend auf den Erkenntnissen und Theorien aus der Rechtsanthropologie und politischer Ökologie, werden diese und weitere Fragen durch Methoden qualitativer empirischer Sozialforschung erörtert (Ethnografie des politischen Protests, politischer Kommunikation und Gerichtsverhandlungen; Interviews; Diskursanalyse).

Keywords: Klimaprozesse, soziale Bewegungen, Klimapolitik, Klimagerechtigkeit, Politische Ökologie, Rechtsanthropologie

Projektleitung: Dr. Jevgeniy Bluwstein

Wissenschaftlicher Mitarbeiterin: Lucie Benoit (ab 1.4.2023)